Fachkräftemangel: Herausforderung und Chance für Unternehmen

Fachkräftemangel: Herausforderung und Chance für Unternehmen

Der Begriff des Fachkräftemangels ist nun über eine lange Zeit sehr stark strapaziert worden. Doch was bedeutet der Begriff Fachkräftemangel überhaupt und wie macht sich dieser bemerkbar? Es gilt in der heutigen Zeit, sich mit dem Fachkräftemangel und dem Problem der Personalgewinnung umfassender auseinanderzusetzen. Denn der oftmals beklagte Mangel an Fachkräften ist häufiger ein Problem im Recruiting und nicht ein Problem des allgemeinen Arbeitsmarkts.

Fachkräftemangel oder Bewerbermangel?

Niemand bestreitet, dass es tatsächlich aktuell einen Mangel an Fachkräften in einigen Bereichen gibt und dass dieser Mangel problematisch ist. Dennoch gilt es klar zu differenzieren, in welchem Ausmaß der Fachkräftemangel in einem Unternehmen zu einem Problem wird.
Denn der gefühlte Mangel hat häufig weniger mit einem echten Mangel an geeigneten Fachkräften zu tun als mit einem Mangel an Bewerbern. Daher sind viele Unternehmen beziehungsweise deren Führungskräfte geneigt, die Mär vom Fachkräftemangel aktiv zu befeuern. Denn schließlich ist dies deutlich bequemer als einzusehen, dass die eigene Rekrutierung der Fachkräfte problematisch verläuft.

Empirische Studien beweisen, der Mangel an Fachkräften ist nur bedingt real

Es ist nicht zu bezweifeln, dass es in einzelnen Branchen einen Mangel an Fachkräften z. B. aus den klassischen MINT-Berufen gibt und sich durch diesen Mangel Probleme ergeben. Allerdings ist es ein enormer Unterschied, wie das Thema in der Öffentlichkeit diskutiert und in einzelnen Unternehmen wahrgenommen wird. Es muss deutlich stärker differenziert werden, wenn dieser Mangel zum Thema gemacht werden soll.

So stufen gerade einmal 40 Prozent der Befragten den Mangel an Fachkräften für die eigene Branche als problematisch ein. Insgesamt wird somit über alle Branchen hinweg deutlich, dass der allgemeine Diskurs über den vorherrschenden Mangel an Fachkräften die allgemeine Wahrnehmung verzerrt. Denn konkret auf Probleme im eigenen Unternehmen oder der eigenen Branche angesprochen, wird dieser Mangel als deutlich weniger einschneidend empfunden. Der eigene Arbeitskontext ist somit für den einzelnen Unternehmer spürbar weniger belastet, als es die allgemeine Wahrnehmung Glauben machen möchte. Daher sind Personalgewinnung und Recruiting für die meisten Unternehmen nur mit mehr Hürden verbunden, aber nicht unmöglich geworden.

Viele Unternehmen tun sich schwer, neue Mitarbeiter zu finden

Tatsächlich ist es so, dass in vielen Branchen etliche Unternehmen Probleme haben, neue Mitarbeiter zu finden. Es dauert durchaus länger offene Stellen zu besetzen und die Qualität der Bewerber lässt dabei ebenfalls zu wünschen übrig. Doch woran liegt dies?

Zum einen an der sogenannten Arbeitgebermarke. Ist das Unternehmen nicht attraktiv für Bewerber, sinken deren Zahlen beinahe automatisch. Ohne einen guten Ruf am Markt ist es deutlich schwieriger, die gewünschten Fachkräfte zu finden und die vakanten Stellen zu besetzen. Schuld daran sind häufig die Unternehmen selbst, welche sich über einen langen Zeitraum nicht um die eigene Marke, also dem Employer Branding, gekümmert haben und welche in Zeiten vieler Bewerber davon träumten, dass dieser Zustand dauerhaft so bleiben würde.

Ebenfalls Schuld an dieser Situation ist der sich vergrößernde Markt und die damit aufkommende Konkurrenz. Ist diese als Arbeitgeber attraktiver oder auch aktiver, wandern viele potenzielle Bewerber eher zu diesen Unternehmen ab. Das erschwert die Suche nach Fachkräften zusätzlich, da die Menge an möglichen Bewerbern begrenzt ist.

Das Unternehmen als Arbeitgebermarke etablieren

Durch die Etablierung neuer Rekrutierungswege können Unternehmen die allgemeine Sichtbarkeit der Stellenanzeigen bereits deutlich verbessern und für eine einfachere Personalgewinnung sorgen. Von besonderer Relevanz ist, dass die Unternehmen als Marke bekannter werden und somit ebenfalls mehr Bewerber anlocken. Die Rekrutierung einzelner Fachkräfte wird spürbar effizienter, wenn diese bereits vom Unternehmen und von dessen Leistungen überzeugt sind.

Eine weitere, ebenfalls mit diesem Effekt verbundene Strategie ist die Nutzung der eigenen Mitarbeiter zur Personalgewinnung. Je besser sich Unternehmen als Arbeitgeber positionieren können, umso größer die Chancen, dass sich attraktive Bewerber eher von deren Anzeigen als von denen der Konkurrenz angezogen fühlen. Ein guter Ruf als Arbeitgeber macht sich also gleich mehrfach bezahlt. Zum einen gewinnen Unternehmen leichter Fachkräfte, zum anderen fällt es ihnen als Arbeitgeber auch leichter, die bereits beschäftigen Mitarbeiter zu halten und sich vor Abwerbungsversuchen der Konkurrenz zu schützen. Wenn erfolgreiche Unternehmen diese Punkte beachten, spielt der Mangel an Fachkräften für das Unternehmen in Zukunft eine deutlich geringere Rolle.

Fachkräftemangel mit starker Arbeitgebermarke entgegenwirken

Auch über die Ausgestaltung der Arbeitskonditionen können Unternehmen einen erheblichen Einfluss auf ihre Attraktivität als Arbeitgeber nehmen.

Vor allem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie wird für viele Bewerber immer wichtiger, sodass die besten Fachkräfte gezielt nach Angeboten mit flexiblen Arbeitszeiten suchen. Ebenfalls ist das soziale Umfeld innerhalb eines Unternehmens oftmals von Bedeutung, lässt sich aber nur bedingt kommunizieren.

Wichtig ist, dass Unternehmen zudem die gewünschten Kompetenzprofile informierend zur Verfügung stellen, um beispielsweise jungen Menschen in der Phase der beruflichen Orientierung die möglichen Karrierechancen aufzuzeigen. Dies mag keine direkte und schnelle Verbesserung der Arbeitgeberposition sein, kann aber zu einem Zuwachs an kompetenten Bewerbern in späteren Jahren führen.

Bei der Personalgewinnung gilt es nicht nur kurzfristig, sondern vor allem langfristig zu planen und durch die Bereitstellung von Praktika spätere Fachkräfte frühzeitig an das Unternehmen zu binden.

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